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Schach-WM: Ein Klassiker der Künstlichen Intelligenz

Der Freiburger Informatiker Joschka Bödecker erläutert, wie Schachcomputer funktionieren

Freiburg, 25.11.2016

Schach-WM: Ein Klassiker der Künstlichen Intelligenz

Künstliche Intelligenz am Zug: 1997 schlug der Supercomputer Deep Blue von der Firma IBM den damals amtierenden Weltmeister. Bild: © Sergey / Fotolia

In New York/USA kämpfen Titelverteidiger Magnus Carlsen und sein Herausforderer Sergej Karjakin derzeit um die Schach-Weltmeisterschaft. Bis zum 30. November 2016 soll der neue Weltmeister feststehen. „Schach wurde von Beginn der Forschung zur Künstlichen Intelligenz an als ein Maßstab für intelligente Systeme angesehen“, sagt der Freiburger Informatiker Dr. Joschka Bödecker. „Schachcomputer und -programme sind zudem längst zum wichtigsten Trainingsinstrument für Turnierspielerinnen und -spieler geworden.“

In den späten 1970ern kamen die ersten leistungsstarken Programme auf den Markt; 1997 schlug die künstliche Intelligenz des Supercomputers Deep Blue von der Firma IBM den damals amtierenden Weltmeister Garri Kasparov. „Beim Schach können in wenigen Zügen schon Millionen von möglichen Stellungen entstehen. Deep Blue war dazu in der Lage, die trotz hoher Rechenleistung zeitintensive Suche nach Spielzügen an geeigneter Stelle abzuschneiden oder umzulenken“, erläutert Bödecker. „Dazu durchforstete das System Turnier-Datenbanken nach ähnlichen Situationen und bewertete die Erfolgsaussichten unter Gesichtspunkten wie dem Wert der Spielfiguren.“ Heutige Systeme würden ähnlich funktionieren und sind oft so stark, dass sie von Menschen kaum noch zu schlagen sind.

Anders verhielt es sich bis 2016 bei Programmen für das Brettspiel Go, dass im Vergleich zu Schach noch einmal ungleich komplexer ist. Im März jedoch konnte das Programm AlphaGo von Google DeepMind die Go-Legende Lee Sedol in einem Turnier mit 4:1 Siegen schlagen – ein Ereignis, mit dem selbst Fachleute erst in fünf bis zehn Jahren gerechnet hatten. Neu hinzugekommen seien bei AlphaGo – neben besser zu skalierenden Suchverfahren und der Möglichkeit, aus Spielen gegen sich selbst zu lernen – Methoden wie das so genannte Deep Learning. Diese Technik des Maschinenlernens ist inspiriert von der Informationsverarbeitung in biologischen Neuronennetzen wie beispielsweise im menschlichen Gehirn. „Beim Umgang mit sehr großen und komplexen Datensätzen, für die selbst die besten Expertinnen und Experten keine hinreichenden Ordnungsmerkmale definieren können, kann Deep Learning automatisch relevante Merkmale in den Daten finden, die zu einem guten Ergebnis führen“, sagt Bödecker. Gerade beim Extrahieren von Informationen aus Bildern – so zum Beispiel auch das Spielbrett von Schach oder Go – sei Deep Learning bisher unübertroffen. Die Grundlagen dafür seien älter als der erste Schachcomputer: Bereits Mitte des 20. Jahrhunderts seien erste theoretische Beiträge für die Methode formuliert worden.

Joschka Bödecker leitet die Arbeitsgruppe Maschinelles Lernen und Natürlichsprachliche Systeme am Institut für Informatik der Universität Freiburg. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Deep Learning, Reinforcement Learning, Robotik und Komplexe Systeme.