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Flexibel mit dem Fahrrad

In ihrer Masterarbeit hat Luisa Stenmans ein öffentliches Bikesharing-System für Freiburg entwickelt

Freiburg, 06.10.2017

Flexibel mit dem Fahrrad

Foto: Sandra Meyndt

Die Umwelt entlasten, Parkplatzprobleme mindern, Mobilität vereinfachen: Zu alledem könnte ein öffentliches Fahrradverleihsystem beitragen. Da es ein solches System in Freiburg noch nicht gibt, hat Luisa Stenmans in ihrer Masterarbeit im Fach Umweltwissenschaften ein Konzept dafür erarbeitet.

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Luisa Stenmans und ihr Fahrrad sind ein gutes Team. Trotzdem wünscht sich die Studentin ein öffentliches Fahrradverleihsystem für Freiburg. Foto: Thomas Kunz

Ein verregneter Morgen in Freiburg. Der Himmel ist grau, es gießt wie aus Eimern und auf dem Boden reiht sich eine Pfütze an die nächste. Wer hat bei so einem Wetter schon Lust, mit dem Rad zur Universität zu fahren? Also schnell dem Regen entkommen – mit einem Sprung in die gerade einfahrende Straßenbahn.

Nachmittags nach der letzten Vorlesung sieht alles ganz anders aus: Die Sonne strahlt durch die bunten Blätter, die Luft ist angenehm klar, Vögel zwitschern und das herbstliche Freiburg erscheint rundum schön. Wie schön wäre es jetzt, nicht in eine überfüllte Straßenbahn steigen und eingequetscht zwischen Menschen, Taschen und Einkäufen der Heimat-Haltestelle entgegenfiebern zu müssen? Aber: Wer morgens nicht radelt, hat nachmittags kein Fahrrad, um zurückzufahren. Oder?

Die Studentin Luisa Stenmans von der Universität Freiburg hat in ihrer Masterarbeit im Fach Umweltwissenschaften ein Konzept für ein öffentliches Fahrradverleihsystem – auch Bikesharing genannt – entwickelt. Dieses würde es den Freiburgerinnen und Freiburgern ermöglichen, sich an 100 Stationen in und um die Stadt spontan Fahrräder auszuleihen. Zurückgeben könnten sie die Räder an jeder beliebigen Station oder auch – je nach konkreter Umsetzung – an anderen öffentlichen Orten. „Der Vorteil ist, dass man sich keine Gedanken darüber machen muss, wie man das Fahrrad wieder an den Ausgangsort zurück bekommt“, sagt Stenmans. „Das kann in verschiedenen Situationen sinnvoll sein.“

Möglichst viele Zielgruppen erreichen

Grundlage für das Konzept war eine Online-Umfrage. Stenmans wollte zunächst herausfinden, ob in Freiburg überhaupt Interesse am Bikesharing besteht. Im zweiten Schritt erstellte sie Karten, anhand derer sie bestimmen konnte, wo in Freiburg Fahrradstationen sinnvoll wären. „Als erstes denkt man natürlich an Haltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs. Dort könnten zum Beispiel Pendlerinnen und Pendler die Räder nutzen.“ Aber auch auf dem Campus der Universität oder in der Nähe des Münstermarkts wären Fahrradstationen sinnvoll, um möglichst viele Zielgruppen zu erreichen.


Viele Studierende kommen mit dem Fahrrad zur Universität – auch eine Bikesharing-Station könnte im Universitätszentrum sinnvoll sein. Foto: Sandra Meyndt

„Ziel eines Bikesharing-Systems ist nicht, das eigene Fahrrad zu ersetzen“, erklärt Stenmans. „Vielmehr geht es darum, eine Ergänzungsmöglichkeit zu schaffen.“ Sie selbst könnte sich ihren Alltag ohne ihr Hollandrad nicht vorstellen. Trotzdem wäre es in vielen Situationen praktisch, sich spontan ein Fahrrad ausleihen und es nach Gebrauch an einem anderen Ort wieder abstellen zu können: „Wenn ich zum Beispiel mit dem Zug in eine andere Stadt fahre und mein Rad nicht hier am Bahnhof stehen lassen möchte, wäre es toll, wenn ich mir für die kurze Strecke ein Rad leihen könnte. Oder wenn ich Besuch bekomme und wir einen Ausflug machen wollen, ich aber nur ein Fahrrad zu Hause habe.“ Auch Partygänger und Nachtschwärmer könnten vom Bikesharing profitieren. Sie könnten die Leihräder nutzen, um abends in die Innenstadt zu kommen und nachts mit dem Taxi nach Hause fahren – ohne am nächsten Morgen das Rad wieder abholen zu müssen.

Gute Vorbilder

In anderen Städten, beispielsweise in Köln und Birmingham/England, wurden öffentliche Fahrradverleihsysteme bereits erfolgreich eingeführt. Stenmans hat mit Verantwortlichen und Anbietern gesprochen und festgestellt, dass sich viele Erfolgsfaktoren auf Freiburg übertragen lassen: „Freiburg ist ohnehin schon sehr Fahrrad-affin. Außerdem spielt die Größe der Stadt eine entscheidende Rolle: Es könnte möglich sein, mit verhältnismäßig wenigen Fahrradstationen das gesamte Stadtgebiet abzudecken.“ Damit alle vom Bikesharing profitieren können, sollen die Kosten möglichst erschwinglich bleiben. Optimal wäre Stenmans zufolge, eine Art Abonnement oder Zeitkarte einzuführen. Außerdem sollten neben herkömmlichen Stadtfahrrädern auch Räder für besondere Bedürfnisse zur Verfügung stehen, etwa Transportfahrräder und Räder mit Kindersitz beziehungsweise -anhänger.

Noch ist unsicher, ob es in Freiburg ein öffentliches Fahrradverleihsystem geben wird. Eine Entscheidung der Stadt wird im November 2017 erwartet.

Julia Dannehl