Artikelaktionen

Sie sind hier: Startseite Online-Magazin erleben & mitmachen Ich sehe was, was du nicht siehst

Ich sehe was, was du nicht siehst

Eine Hochschulgruppe möchte Rassismus an der Universität Freiburg sichtbar machen und dokumentieren

Freiburg, 22.07.2019

„Rassismus an der Uni gibt’s doch gar nicht?!“: So lautet das Motto einer Aktion der neu gegründeten Gruppe „Black and People of Color“. Die Frage sei rhetorisch, betonen die Studentinnen: Rassistische Vorfälle fänden auf dem Freiburger Campus statt, und die Gruppe will Studierenden, die Diskriminierung aufgrund ihrer Herkunft oder Hautfarbe erlebt haben, Gehör verschaffen.


Die Hochschulgruppe „Black and People of Color“ will für die vielen Formen und Erscheinungen von Rassismus sensibilisieren. Foto: Harald Neumann

„Rassismus an der Uni gibt’s doch gar nicht?!“: Provokant prangt der Satz auf einem Plakat der Hochschulgruppe „Black and People of Color“, kurz B_PoC. Die neu gegründete Vereinigung will allen, die wegen ihrer Hautfarbe oder ihrer Herkunft an der Universität Freiburg Rassismus erfahren, einen Raum bieten. Der Begriff „People of Color“ beschreibt Menschen, die in einer weißen Mehrheitsgesellschaft leben, aber als „nicht weiß“ gelten. Hautfarbe als gesellschaftliches Konstrukt also – ein Umstand, der oftmals genutzt wird, um Machtgefälle zu rechtfertigen.

Am Anfang stand ein Defizit, erinnert sich Mara Bläsing: „Wir waren drei Studentinnen, die nach einer Möglichkeit suchten, uns als People of Color einzubringen. Es gab an der Universität einfach keinen Platz für einen Austausch zwischen Studierenden, die Rassismus erfahren haben.“ Zudem habe man nach Gemeinschaft gesucht. Den Wunsch nach einem geschützten Raum zur Kommunikation hat die Gruppe mit ihrem „Safe(r) Space“ bereits Anfang des Wintersemesters 2018/19 umgesetzt: In der Belfortstraße 24 finden sich Studierende zusammen, um über ihre Erfahrungen und den Umgang mit Rassismus zu diskutieren.

Aktiv in der Hochschulpolitik

Seit dem Sommersemester 2019 ist die Gruppe auch in der Hochschulpolitik aktiv: Sie hat ein Referat in der Studierendenvertretung übernommen, das sich an Studierende mit Rassismuserfahrungen richtet. Noch heißt es „Referat für internationale Studierende“, demnächst wird es in „BIPOC“ (Black, Indigenous and People of Color) umbenannt. Zudem ist die Gruppe im AStA präsent. „So können wir unsere hochschulpolitischen Interessen vorbringen“, erklärt Bläsing.

Mit ihren Kommilitoninnen Svenja Brendler, Uluka Zimba und Lolo Mbutcho und dem Antidiskriminierungsreferat hat Mara Bläsing die aktuelle Kampagne erarbeitet: Über einen Fragebogen können Personen, die an der Universität Freiburg Erfahrungen mit Rassismus gemacht oder rassistische Diskriminierungen miterlebt haben, diese anonym schildern. Allein ist die Gruppe nicht: „Das Rektorat und die Hochschulpolitik stehen hinter uns und unterstützen uns“, freut sich Zimba.

Mikrofon für die Community

Was bezweckt die Gruppe mit dem Projekt? „Wir wollen Fälle sammeln, um aufzuzeigen, wie groß das Problem an der Universität ist und welche Auswirkungen es auf die Betroffenen hat“, erklärt Brendler. So sei es zunächst wichtig, darauf hinzuweisen, dass Rassismus an der Universität überhaupt ein Thema sei, und für seine vielen Formen und Erscheinungen zu sensibilisieren.

Das Organisationsteam sieht sich als Mikrofon für die Community. Zwar möchten sie keine persönlichen Erfahrungen mit Rassismus schildern, doch sie wüssten von größeren wie von individuellen Vorfällen, zudem habe Rassismus auch subtilere Aspekte. Wenn etwa Lehrende oder Studierende in einer Lehrveranstaltung Ausdrücke benutzten, die rassistisch vorbelastet seien, oder bestimmte Konzepte ohne genügend Kontext erwähnten oder verallgemeinernde Aussagen über ganze Bevölkerungsgruppen machten, sei auch das ein rassistischer Vorfall, betont Bläsing. Gerade die subtileren Formen von Rassismus würden oft nicht als solcher erkannt, obwohl sie häufig vorkämen und sich negativ auf Betroffene auswirkten.

Wie geht es nach der Kampagne weiter? Die Studierenden werden die eingegangenen Meldungen dokumentieren, prüfen und auswerten – noch sei nicht absehbar, wie viele Betroffene sich beteiligen. Wie die Gruppe weiter vorgehen wolle, hänge vom Ergebnis ab, erklärt Bläsing. „Vielleicht können wir zum Beispiel mit betroffenen Personen sprechen.“ Die Studierenden wollen auf jeden Fall an ihrem Engagement festhalten und sich weiter gegen Rassismus und für Chancengleichheit an der Universität Freiburg einsetzen.

Pascal Lienhard

 

Mitdiskutieren

Die Gruppe „Black and People of Color“ (B_PoC) trifft sich jeden zweiten Mittwoch um 20 Uhr im AStA-Haus, Belfortstraße 24, im Konferenzraum 1 im Erdgeschoss zum „Safe(r) Space“, der Black, Indigenous and People of Color offensteht. An den übrigen Mittwochen findet ein hochschulpolitisches Treffen statt, das sich ebenfalls an BIPoC-Personen richtet – gleiche Uhrzeit, gleicher Ort.

Facebook

Instagram