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Risikofreudig und leicht anarchisch

Wie sich Wissenschaft mit Tanz, Comics und Impromusik vermitteln lässt

Freiburg, 28.05.2018

Risikofreudig und leicht anarchisch

Foto: Maurice Korbel

Wie funktioniert die Kommunikation zwischen Wissenschaft und Gesellschaft jenseits der klassischen Vermittlung? Im Freiburger Exzellenzcluster BrainLinks-BrainTools beschäftigt sich ein Projekt mit dieser Frage: Die Website „Nexus Experiments“ ist im Dreieck von neurotechnologischer Forschung, Ethik und Kunst verortet. Alexander Ochs hat sich mit Sabrina Livanec unterhalten, die für die Konzeption und Koordination zuständig ist.


Im deutsch-israelischen Projekt „Störung/Hafraah“ haben Forschende, Parkinsonpatienten und Tänzer gemeinsam das Themenfeld Bewegung und Bewegungsstörung erkundet. Foto: Maurice Korbel

Frau Livanec, worum geht es in Ihrem Projekt?

Sabrina Livanec: Wir entwickeln und kuratieren Veranstaltungsformate, die von Beteiligung geprägt sind, um den Austausch zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit zu ethisch und gesellschaftlich relevanten Fragestellungen zu fördern. Sie beziehen sich zunächst auf die neurotechnologische Forschung von BrainLinks-BrainTools. Grundsätzlich ist unser Konzept aber auf andere Gebiete übertragbar. Wir verfolgen dabei einen speziellen Ansatz: Wir arbeiten mit Künstlerinnen und Künstlern, weil wir der Überzeugung sind, dass Kunst einen Raum für hochproduktive Interaktionen zwischen Forschenden und Gesellschaft eröffnet.

An wen richtet sich das Angebot, das Sie im Netz bereitstellen?

Wir möchten mit der Website ein möglichst breites Publikum ansprechen. Unsere abgeschlossenen Projekte präsentieren wir in einer Onlineausstellung, regen mit Umfragespielen zum Nachdenken über Neurotechnologien an und informieren über aktuelle Themen der Neuroforschung. Außerdem bieten wir Anleitungen zur Planung eigener Veranstaltungen an, zum Beispiel für den „Science Jam“, ein experimentelles und leicht anarchisches Format.

Was kann ich mir darunter vorstellen?

Das können Sie sich wie ein Reagenzglas vorstellen, in dem zwei Substanzen reagieren. Übertragen auf den Science Jam sind das eine Wissenschaftlerin oder ein Wissenschaftler einerseits und ein Künstler andererseits. Wir hatten zum Beispiel einen Sehforscher da, zu dessen Vortrag Jazzmusiker improvisiert haben. Das ist ein Experiment mit offenem Ausgang, ein spielerisches Aufeinandertreffen zweier Bereiche, die ansonsten nicht in Kontakt stehen.


Auf Augenhöhe: Sabrina Livanec will die asymmetrische Kommunikation zwischen Experten und Laien aufzubrechen. Foto: Klaus Polkowski

Worauf muss ich achten, wenn ich Wissenschaftsreflexion in die Öffentlichkeit tragen möchte?

Uns ist es wichtig, die asymmetrische Kommunikation zwischen Expertinnen und Experten und Laien aufzubrechen. Dazu brauche ich auf beiden Seiten die richtigen Beteiligten, mit der Bereitschaft, sich offen und auf Augenhöhe auf eine tiefer gehende Diskussion einzulassen. Die Formate müssen natürlich auf die Zielgruppen abgestimmt sein, die man ansprechen möchte.

Haben Sie ein Beispiel?

Im deutsch-israelischen Projekt „Störung/Hafraah“ haben Nachwuchswissenschaftler und Parkinsonpatientinnen und -patienten mit Tänzerinnen und Tänzern gearbeitet, um gemeinsam das Themenfeld Bewegung und Bewegungsstörung zu erkunden. Es fand zwischen den unterschiedlichen Beteiligten ein Austausch auf einer Ebene statt, die mit klassischen Formaten der Wissenschaftsvermittlung nicht erreicht wird. Ein weiteres Beispiel ist das Projekt „Hirn-Strips“, das wir für Schülerinnen und Schüler ab 15 Jahren angeboten haben – mit Comics als mutmaßlich für diese Gruppe interessantem Format. Die Schüler haben zunächst viel theoretisches Wissen über das Gehirn, neurologische und psychiatrische Erkrankungen und neurotechnologische Behandlungsmöglichkeiten gesammelt und dann unter Anleitung einer Zeichnerin eigene grafische Erzählungen entwickelt.

Welche besonderen Herausforderungen gibt es bei dieser Art der Vermittlung?

Es bedarf auf allen Seiten eines hohen Maßes an Offenheit und braucht auch etwas Risikobereitschaft und Mut. Je nach Zielgruppe und Format müssen wir den richtigen Ton treffen und eine stimmige Atmosphäre schaffen. Dazu kommt das Praktisch-Organisatorische: Wie viel Vorlauf benötigen wir? Welche Kunstform, welche Künstler, welche Wissenschaftler? Wo soll die Veranstaltung stattfinden? Was wird dafür benötigt? Wie kriegen wir ein interessiertes Publikum dazu, teilzunehmen?

Welche Tipps haben Sie da?

Wir wählen die Künstler und Wissenschaftler für unsere Projekte gezielt aus und kontaktieren sie direkt. Daneben ist es natürlich wichtig, das gesamte Repertoire der klassischen PR-Arbeit gezielt einzusetzen, um auf die Veranstaltung aufmerksam zu machen. Es empfiehlt sich, Verbände und Institutionen anzuschreiben, viele Ansprechpartnerinnen und -partner zu kontaktieren und alle öffentlichen Kanäle zu füttern: E-Mail-Verteiler, die Pressestelle der Universität, Social Media, regionale Zeitungen und die Medien der jeweiligen Kooperationspartner.

Nexus Experiments

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