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Uferlos und mit starkem Klang

Der Ägypter Ashraf Attia erklärt, warum Arabisch auch für Deutsche wichtig ist

Freiburg, 09.07.2018

Uferlos und mit starkem Klang

Foto: Klaus Polkowski

Wer auf Deutsch eine Tasse Kaffee bestellt, kann schon ein bisschen Arabisch. Begriffe wie Kaffee (qahwa) und Tasse (ṭāsa) stammen ursprünglich aus dem Arabisch sprechenden Raum. Circa 350 Millionen Menschen weltweit sprechen Arabisch – in 22 Ländern gilt es als Muttersprache und zählt zu einer der sechs Amtssprachen der Vereinten Nationen. In einer Serie über selten gelernte Sprachen hat sich Christine Hohlbaum mit dem Lehrbeauftragten Ashraf Attia über die Vorteile und Missverständnisse von Arabisch unterhalten.


Ashraf Attia studierte Islamwissenschaft in Kairo, bevor er einen zweiten Abschluss an der Albert-Ludwigs-Universität gemacht hat. Der gebürtige Ägypter unterrichtet seit 2006 Arabisch am Sprachlehrinstitut. Foto: Klaus Polkowski

Herr Attia, warum zählt Arabisch zu den selten gelernten Sprachen?

Ashraf Attia: Das war einmal – aber an der Universität Freiburg steigt in den vergangenen fünf Jahren das Interesse an Arabisch. Nicht nur Islamwissenschaftlerinnen und Islamwissenschaftler lernen die Sprache, sondern zum Beispiel auch Leute aus der Medizin. Viele Ärztinnen und Ärzte haben in letzter Zeit ehrenamtlich mit Flüchtlingen gearbeitet. Es hilft sehr, wenn man die arabische Sprache als Kommunikationsmittel zur Verfügung hat. Der Trend geht dahin, dass wir pro Semester am Sprachlehrinstitut sogar jeweils zwei Anfänger- und Aufbaukurse anbieten müssen.

Welche Gründe gibt es, Arabisch zu lernen?

Abgesehen davon, dass Arabisch die Amtssprache in 22 Ländern ist, gibt es bis zu 1,7 Milliarden Muslime weltweit, die sich durch den Koran mit der Sprache beschäftigen. Das Buch „Von Algebra bis Zucker“ von Andreas Unger weist auch auf die vielen Arabismen in der deutschen Sprache hin. Das Wort Algorithmus zum Beispiel ist vom Namen des persischen Mathematikers al-Khwarizmi abgeleitet, der auf Arabisch über das Zahlensystem schrieb.

Welchen Ausdruck sollte jede und jeder kennen?

„Salāmu ’alaikum“ heißt „Frieden sei mit Euch“. Zum Abschied sagt man „Salām“ oder auch „ma’a s-salāma“. Es ist der wichtigste Begriff in dieser Welt, denn nur durch Frieden können wir gemeinsam leben.

Was ist Ihr Lieblingswort?

Arabisch ist eine uferlose Sprache, die den Klang des Wortes sehr betont. Sie vermittelt Gefühle, fast wie Poesie. Das Wort „Auge“ (’ain) hat zum Beispiel so viele Bedeutungen: Auge, Wasserquelle, Spion, die Sache selbst, Gold oder Silber. Es hängt sehr stark vom Kontext ab.

Vor welchem „false friend“ müssen sich die Leute im Arabischen hüten?

False friends in dem Sinne gibt es nicht wirklich. Aber falsche Vorstellungen kann man allemal haben. Anfangs ist es ganz komisch, die Uhrzeit zu lernen. Wenn man im Deutschen zum Beispiel „halb vier“ sagt, denkt der Araber mathematisch. Also heißt es zwei Uhr, die Hälfte von vier.

Welchen Ausdruck, den es in Ihrer Sprache gibt, vermissen Sie im Deutschen?

Es ist eher eine Frage der Semantik. Das Wort „haben“ wird im Arabischen so gut wie gar nicht verwendet. Wir benutzen stattdessen Präpositionen, da wir Besitztum anders definieren. Wir sehen die Dinge eher als Begleiter von einer Person. Zum Beispiel: „’indī Bait“ heißt „Das Haus ist bei mir“, oder „ma’ī Kitāb“ bedeutet wortwörtlich „Das Buch ist mit mir.“ Jeder Gegenstand wird im Arabischen wie ein von Gott anvertrautes Gut gesehen. Die Art der Formulierung zeigt Demut. Wenn man sagen würde, dass man ein Haus hat, würde das sehr arrogant klingen.

Mit welchem arabischen Wort lässt sich am besten die Universität Freiburg umschreiben, und was bedeutet es?

„Ǧāmi’“ bedeutet „Universität“ auf Arabisch, ein Versammlungsort von Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen oder auch ein Versammlungsort als Treffpunkt von vielen Wissenschaften und Disziplinen. Es ist die weibliche Form von „Ǧāmi’“, was eigentlich Moschee heißt. Die ersten Universitäten aus dem Arabisch sprechenden Raum stammen aus der Freitagsmoschee, bei der Menschen in der Theologie unterwiesen wurden.

 

Sprachlehrinstitut

Das Sprachlehrinstitut (SLI) der Universität Freiburg bietet mehr als 20 Sprachen an. Die Kurse stehen allen Studierenden, Bediensteten und Gästen der Universität sowie der interessierten Öffentlichkeit offen.

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