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Auferstanden aus...

Am Zentrum für Populäre Kultur und Musik analysiert Michael Fischer Oster-Utopien in Liedern, Hymnen und Popsongs

Freiburg, 21.03.2016

Auferstanden aus...

An Ostern erklingen in den Gottesdiensten Lieder mit langer Tradition. Foto: ehaurylik - Fotolia

Noch heute erklingt „Christ ist erstanden“, ein deutschsprachiger Gesang aus dem 12. Jahrhundert, in den christlichen Gottesdiensten. Osterlieder gibt es demnach schon sehr lange. „Lieder und Gedichte zu Ostern beschreiben jedoch nicht nur die religiöse Vorstellung von der Auferstehung Christi, sondern eröffnen auch Raum für Utopien“, erklärt Dr. Dr. Michael Fischer, der Geschäftsführende Direktor des Zentrums für Populäre Kultur und Musik (ZPKM), einer Forschungseinrichtung der Universität Freiburg: „Das ZPKM möchte den kulturgeschichtlichen Spuren religiöser Symbolsprache in allen Arten von Musik nachgehen, vom Kirchenlied über die politische Hymne bis zum Popsong der Gegenwart."

Schon in Liedern des 16. Jahrhunderts werde die Auferstehung mit Naturbildern verknüpft und damit ein Neuanfang der Schöpfung symbolisiert. Mehr als 200 Jahre später glaubte der Romantiker Novalis, dass Ostern ein universales „Weltverjüngungsfest“ sei und jeder „nun leicht und hehr in seine Zukunft schaun“ könne. Im 20. Jahrhundert werden die Utopien politischer. Auch in der Theologie rücke die revolutionäre und gesellschaftssprengende Kraft der Auferstehungsmetaphorik in den Vordergrund, erklärt Fischer. Der deutsche Erzähler und Lyriker Rudolf Otto Wiemer dichtete in seinem 1963 publizierten „Entwurf für ein Osterlied“: „Die Erde ist schön, und es lebt sich leicht im Tal der Hoffnung. […] Die Zeitung weiß keine Zeile vom Turmbau. Das Messer findet den Mörder nicht.“ Zugleich werden Utopien besungen, die an Aktualität nichts eingebüßt haben, so das Ergebnis des Literaturwissenschaftlers und Historikers: „Alle Wege sind offen. Im Atlas fehlen die Grenzen“ und „Die Hand des Armen ist nie ohne Brot. Geschosse werden im Flug gestoppt“, heißt es bei Wiemer. Politische Töne nimmt ebenso der Pfarrer und Schriftsteller Kurt Marti auf, wenn er in den 1980er Jahren die Auferstehung als den „Aufstand Gottes gegen die Herren“ deutet. Scharfzüngig formuliert der Schweizer: „Das könnte manchen Herren so passen, wenn sie in Ewigkeit Herren blieben im teuren Privatgrab und ihre Knechte Knechte in billigen Reihengräbern.“

Im Zusammenhang mit Ostern macht Fischer auch auf die Hymne „Auferstanden aus Ruinen“ der früheren Deutschen Demokratischen Republik aufmerksam: „Es ist vollkommen klar, dass das Gedicht nach dem Ende des Krieges und der Nazi-Herrschaft sozialistische Ideale entfalten sollte und keine christlichen. Aber dennoch steht die Hymne mit dem utopischen Gehalt des Osterfestes in Verbindung.“ Dabei stehe hier vor allem die apokalyptische Tradition im Mittelpunkt, also die Vorstellung, dass die Welt in der Zukunft vollendet werde. Diese Idee werde in die Utopie einer gerechten und friedfertigen Gesellschaft im Diesseits überführt, wobei die Ideale dieser politische gedachten „Auferstehung“ wie Glück, Frieden und Brüderlichkeit gleichermaßen der christlichen wie der sozialistischen Tradition entstammten.

Selbst aktuelle Popsongs stehen im Kontext der Auferstehungsmetaphorik, sagt der Freiburger Forscher. Das beste Beispiel dafür sei das Lied des österreichischen Sängers Conchita Wurst „Rise Like a Phoenix“, eine Hymne für Toleranz und Freiheit und gegen Homophobie: Der mythische Vogel ist seit der Antike ein Symbol für Unsterblichkeit und Auferstehung.

Kontakt:
Dr. Dr. Michael Fischer
Zentrum für Populäre Kultur und Musik
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/7050315
E-Mail: michael.fischer@zpkm.uni-freiburg.de

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