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Der Schulstoff sitzt, das Studium kann kommen

Bei einem Vorkurs frischen angehende Studierende Grundlagen der Mathematik auf

Freiburg, 18.10.2018

Der Schulstoff sitzt, das Studium kann kommen

Foto: Thomas Kunz

Das Lernen beginnt schon vor dem Studium: Etwa 160 angehende Studierende haben einen so genannten Vorkurs in Mathematik an der Universität Freiburg belegt. Einige Wochen vor dem Semesterstart haben sie sowohl online als auch später im Hörsaal gemeinsam Aufgaben bearbeitet und den Schulstoff aufgefrischt, den sie für ein Studium der Naturwissenschaften, Informatik oder Ingenieurwissenschaften brauchen. Das neue Angebot ist Teil des Kosmic-Projekts, das Studienanfängerinnen und -anfängern die ersten Semester erleichtern soll. Kosmic steht für „Kompetenzorientierte Online-Selbstlernangebote für Mathematik, Interkulturalität und Chemie“. Wie der Name verrät, werden Vorkurse zu weiteren Fächern folgen.


Die Mathematikerin Susanne Knies hat den Vorkurs erarbeitet – die Teilnehmer wird sie in ihrer Vorlesung im Wintersemester wiedersehen. Foto: Thomas Kunz

Sinus und Kosinus, Amplitude und Phasenverschiebung – was war das nochmal? Das kann man sich schon mal als Studienanfänger in einer Mathevorlesung fragen. Das Abitur ist bei den meisten zwar noch nicht lange her, doch der Stoff ist komplex – und die Aussicht, sich die Inhalte alleine beizubringen, nicht besonders spaßig. Mit dem Projekt Kosmic will die Universität Abhilfe schaffen – und zwar schon bevor das eigentliche Studium beginnt: Der neue Vorkurs in Mathematik ist das erste große Angebot von Kosmic an der Universität Freiburg. Er richtet sich an alle, die im Wintersemester 2018/19 die Vorlesung „Mathematik für Studierende der Naturwissenschaften I“ oder „Mathematik für Studierende der Informatik und der Ingenieurwissenschaften I“ belegt haben.

Das Besondere: Das Blended-Learning-Format verbindet Online- und Präsenzangebote. Die Online-Übungen wurden Mitte September auf einer eigenen Plattform freigeschaltet, Anfang Oktober – vor dem Start des Semesters – folgte eine Präsenzwoche mit Vorlesungen, Übungen und Online-Selbstlernphasen. Gerade die Online-Funktion können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gewinnbringend nutzen, erklärt Marion Uhl, die bei der Servicestelle E-Learning des Rechenzentrums für Mediendidaktik zuständig ist: „Die Studierenden entscheiden selbst, was sie wiederholen möchten.“ Über Übungen zeigt sich, wo Schwachstellen bestehen – diese können die angehenden Studierenden dann gezielt anpacken.


Flexibel und frei: Durch die Mischung aus Online- und Präsenzphasen können die Kursteilnehmer selbst entscheiden, wann sie welche Inhalte angehen. Foto: Thomas Kunz

Erste Begegnung mit der Universität

Für einige ist der Vorkurs die erste Erfahrung mit der Universität. Wer noch nicht eingeschrieben ist und noch keinen Account besitzt, kann sich einen Kosmic-Account erstellen und am Kurs teilnehmen. Auch der soziale Aspekt kommt in der Präsenzwoche nicht zu kurz: Während einer Pause stecken die Teilnehmer in Gruppen die Köpfe zusammen, diskutieren die Themen der Vorlesung, manche bearbeiten auch danach die Aufgaben gemeinsam. Sarina Müller startet in diesem Wintersemester mit dem Studiengang Umweltnaturwissenschaften. Als sie für ihre Bewerbung nach Freiburg kam, sah sie ein Plakat für den Kurs. „Ich hatte nach dem Abitur ein Jahr Pause und habe einiges vergessen.“ Der Kurs kam grade richtig. „Das Angebot ist echt gut zum Auffrischen des Stoffs“, erzählt sie, während sie in einer Selbstlernphase mit anderen Kommilitoninnen und Kommilitonen Aufgaben durchgeht.

In der Präsenzwoche sind es vor allem die Vorlesungen, die angehenden Studierenden einen ersten Eindruck von der Universität vermitteln. Dr. Susanne Knies hält die Vorlesungen und weiß, worauf es beim erfolgreichen Wiederholen von Wissen ankommt – sie wird die Teilnehmer ab Semesterbeginn in ihrer Vorlesung „Mathematik für Studierende der Naturwissenschaften I“ wiedersehen. Mit Jeremias Moser-Fendel hat sie das Konzept des Kurses und die Online-Aufgaben ausgearbeitet. „Das Angebot steht zwischen Schule und Universität“, erklärt sie. Es werde zwar Abiturstoff behandelt, allerdings in anderem Tempo als an der Schule. Moser-Fendel begleitet den Vorkurs fachdidaktisch. „Diese Komponente ist für den Erfolg von Kosmic und den des Vorkurses sehr wichtig“, sagt Knies. Die Erfahrungen und Ergebnisse des Kurses werden in Moser-Fendels Promotion über Online-Materialien in der Studieneingangsphase einfließen.


Die angehenden Studierenden brüten gemeinsam über den Aufgaben. Foto: Thomas Kunz

Höhere Semester sind willkommen

Auch Studierende höherer Semester nutzen den Kurs. Mona Horn und Silvio Mastrogiovanni studieren im dritten Semester Geowissenschaften. „Wir hatten in der vorlesungsfreien Phase Zeit“, erzählt Horn. „Den Kurs haben wir belegt, weil wir gut ins Thema der Vorlesung im Wintersemester reinkommen wollten.“ Horn und Mastrogiovanni gefällt, dass sie selbst über das Lernpensum entscheiden können. „Wir können selbst arbeiten und uns klarmachen, wo Wiederholungsbedarf besteht“, betont Mastrogiovanni.

Der Kurs wird gut angenommen: „Zum zweiten Tag der Präsenzwoche sind etwa 120 Studierende gekommen, online haben sich 160 registriert“, freut sich Marko Glaubitz, der für das Rechenzentrum die Projektkoordination für Kosmic übernommen hat. „Das ist ein Erfolg. Außerdem freuen wir uns, wenn sich die Quote an Studienabbrüchen reduziert“, sagt er. „Wenn jemand ein Studium abbricht, soll es nicht daran liegen, dass der Übergang von Schule zu Universität nicht funktioniert.“ Die Angebote des Projekts sollen wachsen: Für Interkulturalität und Chemie sind in naher Zukunft weitere Vorkurse geplant. „Allerdings gibt es auch andere Aktionen, etwa von Fachschaften“, gibt Glaubitz zu bedenken. Es gehe nicht darum, mit diesen in Konkurrenz zu treten. „Wir müssen schauen, was schon da ist. Es sollen Synergieeffekte entstehen“, ergänzt Uhl. Die beiden sind mit dem Kurs, „einem ersten Meilenstein“, bisher zufrieden. Und die Studierenden dürften einiges an Wissen aufgefrischt haben, das über die Zeit eingerostet war.

Pascal Lienhard