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Hören, Lesen, Schreiben, Sprechen

Freiburger Slavisten legen die erste Studie darüber vor, wie Russischsprachige in Südbaden Deutsch und Alemannisch lernen

Freiburg, 16.04.2013

Hören, Lesen, Schreiben, Sprechen

© andrewburgess - Fotolia.com

Am Slavischen Seminar der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg erforschen Linguistinnen und Linguisten, wie Russischsprachige in Freiburg und den Regionen Breisgau und Ortenau Hochdeutsch und Niederalemannisch lernen. Bisher beschränkten sich Forschende vor allem auf die frühen Phasen des Erwerbs einer zweiten Sprache. Das Projekt unter der Leitung der Slavistikprofessorin Juliane Besters-Dilger liefert neue Erkenntnisse: Die Freiburger Linguisten haben untersucht, welche Sprachprobleme im Hinblick auf Aussprache, Grammatik oder Lexik bestehen bleiben – sogar nach zehn oder zwanzig Jahren Aufenthalt in Deutschland. Mit ihrer Studie liefern die Slavisten die erste systematische Untersuchung des Spracherwerbs auf diesem Gebiet.

Die Promovenden Tatiana Perevozchikova und Alexander Prediger befragten 40 Probandinnen und Probanden. Das entscheidende Kriterium war das Alter bei der Einreise – manche der Testpersonen kamen mit fünf, andere mit über 30 Jahren nach Deutschland. In Interviews überprüften die Linguisten die Sprechfertigkeiten ihrer Probanden. Zusätzlich wurden die Fertigkeiten Hören, Lesen und Schreiben getestet. Die Ergebnisse tragen zu einer differenzierteren Betrachtung der „kritischen Periode“ bei: Bisher gingen Linguisten meist davon aus, dass Menschen ab einer bestimmten Altersgrenze eine zweite Sprache nicht mehr auf dem Niveau eines Muttersprachlers erwerben könnten. Laut einer Studie von 2012 liegt diese Grenze für die Aussprache zum Beispiel bei sechs, für die Grammatik bei 15 Jahren. Doch ein Test, bei dem die Freiburger Slavisten das Beherrschen der Zweitverbstellung im Deutschen überprüft haben, ergab: Auch manche, die erst mit 30 oder 40 Jahren Deutsch gelernt haben, nähern sich dem Niveau von Muttersprachlern an. Was den Dialektgebrauch angeht, spielt das Einreisealter nur eine geringe Rolle. Auch der Wohnort – ob Stadt oder Land – entscheidet nicht zwangsläufig, ob jemand viel oder wenig Alemannisch spricht und versteht. Wichtiger seien stattdessen der Beruf oder die Partnerwahl, da diese Faktoren festlegen, wie oft jemand mit Hochdeutsch oder mit Dialekt in Kontakt komme.

Das Projekt, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird, läuft bis Ende 2014. Von der Studie sollen auch andere Disziplinen wie zum Beispiel die Fremdsprachendidaktik profitieren: Für sehr fortgeschrittene Lernende gebe es bisher keine Angebote, mit denen sie ihr Deutsch verbessern könnten. Die Ergebnisse der Freiburger Slavisten sollen als Grundlage für die Entwicklung von neuen Lehr- und Lernmaterialien dienen.


Kontakt:
Prof. Dr. Juliane Besters-Dilger
Slavisches Seminar
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-8315
E-Mail: juliane.besters-dilger@slavistik.uni-freiburg.de


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