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Historiker erhält Preis für Unternehmensgeschichte

Simon Gonser zeigt in seiner Dissertation, wie deutsche Großbanken das Privatkundengeschäft entdeckt haben

Freiburg, 18.12.2013

Historiker erhält Preis für Unternehmensgeschichte

Simon Gonser (Foto: Julia Klenk)

Die Gesellschaft für Unternehmensgeschichte e.V. hat den Historiker Simon Gonser für die Dissertation „Der Kapitalismus entdeckt das Volk“ mit dem Preis für Unternehmensgeschichte 2013 ausgezeichnet. Gonser untersucht in der Arbeit, warum die deutschen Großbanken – Commerzbank, Deutsche Bank und Dresdner Bank – in der Zeit des Wirtschaftswunders in das Geschäft mit privaten Kundinnen und Kunden einstiegen. Die Dissertation entstand am Lehrstuhl für Wirtschafts-, Sozial- und Umweltgeschichte der Universität Freiburg. Die Auszeichnung ist mit 3.000 Euro dotiert, die Preisverleihung findet im März 2014 bei der World Business History Conference in Frankfurt am Main statt. Die Dissertation wird im Mai 2014 in der Schriftenreihe „Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte“ des Instituts für Zeitgeschichte erscheinen.

In seiner Arbeit zeigt Gonser: Die Großbanken entdeckten die Privatkunden nicht freiwillig. Weder handelten sie aus Überzeugung noch verfolgten sie eine langfristige Strategie. „Vornehme Banker in Marmorpalästen geben sich mit Otto Normalverbraucher von der Straße ab – das war 1950 noch völlig undenkbar und nicht mit dem elitären Selbstverständnis der Großbanken vereinbar“, sagt der Historiker. Zum Wandel kam es aus einem einfachen Grund: Die Kreditinstitute brauchten mehr Geld.

Das Kreditgewerbe war bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts weitgehend arbeitsteilig organisiert. Die Privatbanken hatten als Kunden Industrie- und Handelsunternehmen, staatliche Institutionen sowie reiche Einzelpersonen, beherrschten den Wertpapierhandel und refinanzierten sich fast ausschließlich mit eigenem Kapital. Um Arbeiter, Landwirte und den gewerblichen Mittelstand kümmerten sich die Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken. Das änderte sich in den 1950er und 1960er Jahren: Die Wirtschaft wuchs, die Nachfrage der Unternehmen nach Krediten ebenfalls. „Gleichzeitig führten Vollbeschäftigung, steigende Einkommen, soziale Absicherung und staatliche Förderungen dazu, dass private Haushalte über größere Teile des Volksvermögens verfügten“, sagt Gonser. Also führten die Großbanken ab dem Ende der 1950er Jahre neue Produkte wie Lohn- und Gehaltskonten oder Kleinkredite ein und bauten ihre Filialnetze aus, um an das Geld der einfachen Leute zu gelangen. Sie waren „zum Massengeschäft gezwungen“, so das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ 1965.

Zugleich strebten Sparkassen und Genossenschaftsbanken in Richtung Industrie, Börse und internationales Geschäft. Damit boten nun alle Kreditinstitute überall in Deutschland nahezu sämtliche Bank- und Finanzdienstleistungen an. „Der Einstieg der Großbanken in das Privatkundengeschäft hat zum Durchbruch des Universalbankensystems erheblich beigetragen“, sagt Gonser. Ebenso klar, aber schwieriger zu belegen sei ein anderer Zusammenhang: Dass kleine Leute bankfähig wurden und beispielsweise Kleinkredite bekamen, führte letztlich dazu, dass sich die Konsumgesellschaft in Deutschland so schnell herausbilden konnte.

Artikel in der Universitätszeitung uni’leben:
www.pr2.uni-freiburg.de/publikationen/unileben/unileben-2013-2/#/6

Kontakt:
Simon Gonser
Tel.: 07151/501-1462
E-Mail: s.gonser@rems-murr-kreis.de

Prof. Dr. Dr. Franz-Josef Brüggemeier
Historisches Seminar
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-3442
E-Mail: f.j.brueggemeier@geschichte.uni-freiburg.de

Die Druckversion der Pressemitteilung (pdf) finden Sie hier.