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Möchte noch jemand Nachschlag?

In der Mensa Rempartstraße gehen täglich 4.000 Teller mit Essen über die Theke – dafür braucht es ein ausgeklügeltes System

Freiburg, 29.04.2019

Jeden Morgen um 6.30 Uhr geht das Rolltor hoch, und die Lieferanten der Mensa Rempartstraße laden ihre Waren aus. Handwerk und genau geplante Abläufe sind notwendig, damit aus den Lebensmitteln in kürzester Zeit ein gesundes und schmackhaftes Mittagessen entsteht. Mensaleiter Carsten Höting hat Studierende bei einer Führung in die Geheimnisse der Großküche eingeweiht.


Bei den großen Mengen, die Mitarbeiter in den Freiburger Mensen kochen, wäre Fertigware zu teuer. Vieles wird daher von Hand zubereitet – auch, weil es besser schmeckt.
Foto: Harald Neumann

Da also haben wir den Salat: 150 Kilogramm pro Tag, um genau zu sein, sagt Carsten Höting. Er ist ausgebildeter Koch und Leiter der Mensa in der Rempartstraße – mit 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist sie die größte in Freiburg. Höting steht in einer Küche im Untergeschoss. Dort werden Salat und Gemüse geputzt und geschnitten. „Nicht jede Mensa macht das noch selbst.“ Viele Küchen setzen inzwischen auf abgepackte und vorgewaschene Ware. „Unsere Methode belässt aber deutlich mehr Nährstoffe im Produkt“, erklärt Höting den knapp 20 Studierenden, die vor ihm stehen. Sie nehmen an einer Führung teil, die das Studierendenwerk zweimal jährlich durch die Freiburger Mensen anbietet.

„Ich studiere jetzt seit fünf Jahren hier. Ich wollte endlich wissen, was ich eigentlich die ganze Zeit esse“, begründet ein junger Mann seine Teilnahme an der Führung. Er habe diesen Besuch bewusst eher ans Ende seiner Studienzeit gelegt, ergänzt er mit einem Augenzwinkern: „Kann ja sein, dass ich etwas erfahre, das mir gar nicht schmeckt.“ Diese Sorge ist vollkommen unbegründet. Dass das Essen in der Mensa gut und gesund ist, wird gleich bei der ersten Station der Führung klar. Sie beginnt in der Warenannahme. Dort geht jeden Werktag um 6.30 Uhr das Rolltor hoch, die Lieferanten warten dann schon.


150 Kilogramm Salat kommen in der Mensa Rempartstraße jeden Tag auf den Tisch.
Foto: Harald Neumann

Bevorzugt regionale Produkte

Der Wunsch nach regionalen Produkten und kurzen Lieferwegen – der Mensa ist er Befehl. Die Spätzle zum Beispiel, die heute zum Rindergeschnetzelten auf dem Speiseplan stehen, kommen von einem Produzenten aus Reute bei Emmendingen. Gemüse und Obst stammen überwiegend aus dem Umland, Rindfleisch aus Baden-Württemberg und dem angrenzenden Allgäu. „Regionalität ist den Menschen heute fast wichtiger als Bio.“ Ökologisch produzierte Lebensmittel bietet die Mensa aber auch an, ebenso wie vegetarisches und veganes Essen. „Wir sind schon am Puls der Zeit und kriegen die Wünsche unserer Gäste etwa über unsere studentischen Mitarbeiter mit.“ Aber auch über ein elektronisches Rückmeldesystem, das es möglich macht, schnell zu reagieren. „Sagen wir, die Bolognese ist nicht gut gewürzt“, gibt Höting ein Beispiel. „Häuft sich so ein Feedback, können wir innerhalb von 30 Minuten nachjustieren.“

Höting steht jetzt in einem Raum mit einem riesigen Universal-Zerkleinerer, zärtlich „Moulinette“ genannt, dessen Schneidewerk auf 20.000 Umdrehungen in der Minute kommt. „Hier machen wir eigenes Pesto oder auch Hummus.“ Kartoffelbrei oder Rotkohl wird ebenfalls selbst hergestellt, fast wie zu Großmutters Zeiten. Das schmeckt erstens besser, hat aber auch handfeste ökonomische Gründe: „Bei den Mengen, die wir brauchen, wäre es viel zu teuer für uns, ausschließlich Fertigware zu kaufen.“ Ganz ohne diese kommt die Mensa aber auch nicht aus. Schon allein als Notreserve wird sie gebraucht.


Scharfes Ungetüm: Das Schneidewerk des Universal-Zerkleinerers kommt auf 20.000 Umdrehungen in der Minute. Foto: Harald Neumann

4.000 Essen gehen in der Rempartstraße durchschnittlich am Tag über die Theke. Ein Besucher fragt nach den Kosten pro Teller. „Das hängt von den jeweiligen Zutaten ab, aber unter fünf Euro geht nichts“, lautet die Antwort – der Preis von 2,80 Euro für Studierende ist subventioniert. „An die letzte Preiserhöhung kann ich mich gar nicht erinnern“, ergänzt Höting, „und ich bin jetzt schon 13 Jahre hier.“ Der gebürtige Osnabrücker lernte sein Handwerk in Restaurantküchen und arbeitete bereits in Heidelberg in der Großgastronomie, ehe er nach Freiburg kam.

Jedes Tablett einzeln, nichts stapeln, kein loses Papier

Der Mensaleiter weist seine Besucherinnen und Besucher auf die Edelstahlplatten an der Decke hin. Über diesen liegt die Transportstraße, die die Tabletts in die Waschküche bringt. Alle erinnern sich an die Warnhinweise an der Rückgabestelle. Warum es denn so wichtig sei, gebrauchte Servietten nicht auf dem Teller liegen zu lassen, lautet die Frage. „Sie können während des Transports herunterfallen“, erklärt Höting. Wenn sie dann an einer Lichtschranke hängen blieben, stoppe das Band. „Ich weiß, dass Studierende es gut meinen, wenn sie die Tabletts ihrer Kommilitoninnen und Kommilitonen mit abräumen und dabei Tabletts, Teller und Schalen ineinander stellen.“ Aber auch gestapeltes Geschirr bringt den Transport zum Erliegen.

Kleinere Zwischenfälle passieren täglich, größere ein bis zwei Mal in der Woche. Dann muss ein Techniker den Schaden lokalisieren, an der entsprechenden Stelle die Edelstahlplatte lösen – und reparieren. Ehrfürchtiges Nicken in der Runde. Alle machen den Eindruck, von diesem Moment an getreue Botschafterinnen und Botschafter der einzig richtigen Weise zu sein, schmutziges Geschirr auf das Band zu setzen: jedes Tablett einzeln, nichts stapeln, kein loses Papier.


Tiefgestapelt: Geschirrtürme haben auf den Transportbändern keinen Platz.
Foto: Harald Neumann

Eine Besucherin spricht das Thema Speisereste an. „Was auf den Tellern liegt, darf von Gesetzes wegen nicht wiederverwendet werden“, sagt der Mensaleiter. Es muss entsorgt werden, wandert in eine Biogasanlage. „Bei der Zubereitung und Verarbeitung der Lebensmittel sind wir so sorgsam wie möglich.“ Es fallen daher nur etwa 35 Gramm Reste pro Mahlzeit an, einschließlich der Reste vom Gemüseputzen – ein hervorragend niedriger Wert. Eine vorausschauende Planung hilft, etwa bei den Speiseplänen: „Wenn zum Beispiel heute Karotten für das Curry-Gemüse übrig sind, kommen sie morgen als Einlage in die Suppe.“

Die Führung endet bei der Essensausgabe im Hauptgeschoss und der dahinter liegenden Küche. Große Maschinen, aus Italien importiert und in deutschen Großküchen einmalig, bereiten Spätzle und Pasta beinahe vollautomatisch zu. Auch das kleingeschnippelte Gemüse trifft man hier wieder, inzwischen gebraten und gewürzt, als Beilage zum Rindergeschnetzelten. Bei allem Lärm liegt eine konzentrierte, fast heilige Stimmung in der Halle, zumindest ein spürbarer Stolz der Mitarbeiter. Darüber, dass sie gute Lebensmittel in ausgeklügelten Abläufen und mit viel Handwerk zu gesundem, abwechslungsreichem Essen verarbeiten. Es ist 12.30 Uhr. Der Magen knurrt.

Mathias Heybrock

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