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Dürren und ihre Folgen für Ökosysteme weltweit

Eine internationale Studie mit Freiburger Beteiligung simulierte Dürren, wie sie bisher nur alle 100 Jahre auftraten, durch den Klimawandel aber vermutlich deutlich häufiger sein werden.

Freiburg, 22.03.2024

Wie reagieren verschiedene Ökosysteme auf Dürre? Ein weltweites Netzwerk von Forschenden sammelt seit 2016 Daten, um diese Frage zu beantworten. An über 100 Messstationen auf sechs Kontinenten messen sie, wie gut beziehungsweise ob Pflanzen bei extremer Dürre noch wachsen. In einem Artikel in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlichten sie jetzt Ergebnisse aus dem ersten Jahr des Experiments. Auch Dr. Angelika Kübert steuerte hierzu Daten bei. Im Rahmen ihrer Doktorarbeit am Institut für Geo- und Umweltnaturwissenschaften an der Universität Freiburg untersuchte sie die Auswirkungen von Dürre auf einem Gelände in der Nähe der Technischen Fakultät. Unterstützt wurde sie dabei von ihrer Doktormutter Prof. Dr. Christiane Werner, Professorin für Ökosystemphysiologie, und Dr. Maren Dubbert. Die Forschung erfolgte in enger Zusammenarbeit mit Dr. Tobias Gebauer und Prof. Dr. Michael Scherer-Lorenzen von der Professur für Geobotanik.

 

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Versuchsaufbau in Freiburg. Die Dächer bedecken Teile des Grünlands, um es vom Regen abzuschirmen und so eine Dürre zu simulieren. Foto: Maren Dubbert

 

Worum geht es konkret in der aktuellen Studie?

Angelika Kübert: Das zentrale Ziel des internationalen Netzwerks ist es, mit einer einheitlichen Methode Daten zu sammeln, um die Auswirkungen von Dürre auf verschiedene Ökosysteme zu vergleichen. Der Versuchsaufbau ist an allen Messstationen gleich: ein Dach bedeckt Teile einer Gras- oder Buschlandfläche, sodass dort weniger Regen fällt. Den Anteil der Fläche, den das Dach jeweils abschirmt, bestimmten die Forschenden nach der lokalen Regenfall-Statistik: An jedem Ort wurde eine Dürre simuliert, die dort statistisch einmal alle hundert Jahre auftritt.

Christiane Werner: Dadurch, dass der Aufbau vergleichsweise einfach ist, war dieses Projekt mit wenigen Mitteln zu stemmen. Nur so war es überhaupt möglich, ein derart großes internationales Netzwerk aufzubauen.

Wie sind Sie in Ihrer Forschung hier in Freiburg vorgegangen?

Kübert: Meine Messungen habe ich über drei Jahre hinweg in einem Grünland in der Nähe des Freiburger Flugplatzes gemacht. Dort nutzte ich zum einen den beschriebenen Versuchsaufbau und notierte, wie viele Pflanzen von welcher Art auf den abgeschirmten Flächen, den „Dürreflächen“, wachsen. Das verglich ich mit den Kontrollflächen auf dem gleichen Gelände. Darüber hinaus untersuchte ich außerdem den Kohlenstoff-Fluss genauer.

Weshalb ist der Kohlenstoff-Fluss eine interessante Größe?

Kübert: Er hängt nicht nur von der reinen Pflanzenmenge ab, sondern ändert sich auch mit der Aktivität von Mikroorganismen im Ökosystem. Während Pflanzen Kohlenstoffdioxid (CO2)aus der Luft aufnehmen, verarbeiten Mikroorganismen abgestorbene Pflanzen und geben CO2 ab. Durch Wetter-Extreme wie Dürren kann die CO2-Aufnahme jedoch stark zurückgehen. Das betrifft besonders stickstoff-belastetes Grünland, weil Stickstoff aus Dünger oder aus der Atmosphäre die Pflanzengemeinschaft des Grünlandes verändert.

Was sind die zentralen Erkenntnisse der Studie und Ihrer Untersuchungen?

Werner: Weltweit führen extreme Dürren dazu, dass Pflanzen weniger gut wachsen. In einigen Regionen beobachteten die Kolleg*innen Einbrüche von bis zu 60% in der Biomasse. Gleichzeitig sehen wir regionale Unterschiede: artenreiche Flächen sind resistenter. Je trockener die Klimazone, desto anfälliger waren die hier betrachteten Flächen für Dürreschäden.

Kübert: In meinen Messungen in Freiburg habe ich nachgewiesen, dass bei einer Kombination aus großer Stickstoffbelastung und extremer Dürre aus einer grünen CO2 -Senke sogar eine CO2 -Quelle werden kann. Der Stickstoff reduziert die Artenvielfalt und die Häufigkeit bestimmter Arten, besonders der krautartigen Pflanzen. Die übrigen grasartigen Pflanzen haben in der Regel flachere Wurzeln und nehmen daher Wasser und Nährstoffe weniger effizient auf. Dadurch verdorren sie bei Dürre schneller. So produzieren die Mikroorganismen im Ökosystem mehr CO2 als die Pflanzen aufnehmen können.

Werner: Sowohl die weltweiten Daten als auch die Ergebnisse aus Freiburg unterstreichen, wie komplex Ökosystemprozesse sind. Durch den Klimawandel verändern sich sehr viele Faktoren gleichzeitig, die sich auf verschiedenen, miteinander gekoppelten Ebenen auswirken. Umso wichtiger wird es in Zukunft sein, interdisziplinär und international zusammenzuarbeiten.

 

Interview: Verena Krall