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Powerplay on Ice

Angehende Sportlehrer üben sich im Eishockey – ein deutschlandweit einmaliges Angebot

Freiburg, 15.02.2019

Powerplay on Ice

Foto: Patrick Seeger

Schlittschuhe, Schläger, Puck: Die Gelegenheit, Eishockey zu spielen, bietet sich im Studium nicht oft. Umso größer war das Interesse am Institut für Sport und Sportwissenschaft der Universität Freiburg, als Jakob Rütschle – angehender Lehrer und semiprofessioneller Eishockeyspieler – eine praktische Übung dazu anbot. Ein Trainingsbesuch.

Taktieren auf dem Eis: Jakob Rütschle (Mitte) bespricht das Spiel mit den Kursteilnehmern. Foto: Patrick Seeger

„Powerplay“, fachsimpelt die Reservebank. Nach gut der Hälfte der Trainingszeit geht es auf der Eisfläche sehr engagiert zu. Wenige Minuten später werden die Mannschaften ausgetauscht. Fliegender Wechsel. Eishockey ist der schnellste Mannschaftssport überhaupt. Das geht an die Kondition. „Zwei-gegen-einen-Situationen eignen sich gut, um das Angriffsspiel zu erlernen“, erläutert Jakob Rütschle am Ende der Trainingsstunde das Überzahlspiel in der Franz-Siegel-Halle an der Ensisheimer Straße. Es ist Freitagmittag. Alle scheinen in Freiburg im Winter aufs Eis zu wollen, doch zwischen zwei Zeitblöcken Publikumslauf stehen 23 angehende Sportlehrerinnen und -lehrer in voller Montur auf der Spielfläche.

Jakob Rütschle ist einer von ihnen – und auch wieder nicht. Im Mai 2019 wird er an der Universität Freiburg sein Sportstudium beenden, seinen Abschluss in Anglistik hat er bereits in der Tasche. Dass er Lehrer werden wollte, war ihm schon früh klar. Doch der 27-Jährige ist auch semiprofessioneller Eishockeyspieler. Mit 13 Jahren fing der gebürtige Ludwigshafener bei Adler Mannheim an – eigentlich ziemlich spät, wenn man in diesem Sport etwas werden will. Doch Inlinehockey habe er immer schon gespielt, berichtet Rütschle. Als er zum Studieren in den Breisgau kam, wechselte er zum EHC Freiburg. Mittlerweile spielt er für den Verein in der Regionalliga. Und jetzt unterrichtet er auch zukünftige Lehrer.

Der Zweikampf auf dem Eis erfordert eine hohe Beweglichkeit und Koordinationsfähigkeit. Foto: Patrick Seeger


Durchgeschwitzt, aber gut gelaunt

„Sportpraktische Übung für Studierende der Sportwissenschaft im Freiburger Eisstadion. Inline- und Eishockey“ nennt sich etwas trocken, was bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern schiere Glücksgefühle hervorzurufen scheint. Der Andrang bei der Anmeldung war so groß, dass die eigentlich begrenzte Teilnehmerzahl bei diesem Kurs überschritten werden durfte. Freiburg ist die erste deutsche Universität, die Eishockey als reguläre Übung für Studierende der Sportwissenschaft anbietet. Eishockey ist ein aufwendiger Sport. Die Ausrüstung verleiht ein Sponsor, die Schlittschuhe stellt der EHC Freiburg zur Verfügung. Und dann sind da noch die Energiekosten. Daher finden nur vier der 14 Termine auf dem Eis statt. Alles, was heute in der Eishalle trainiert wird, haben die Studierenden bereits auf Inlinern absolviert.

Warum also Eishockey an der Universität? Weil es kaum Gelegenheiten gibt, diesen Sport auszuüben, und dieses Training eine der raren Möglichkeiten ist, darüber sind sich Nora Saile, Marius Schütze, Lea Held und Moritz Lambrecht einig. Die vier stehen durchgeschwitzt, aber gut gelaunt vor der Mannschaftskabine. Alle befinden sich in der Mitte oder am Ende ihres Studiums, Eishockey hat zuvor keiner von ihnen gespielt. Lea Held kommt aus Villingen-Schwennigen. Zwischen ihrer Heimatstadt und Freiburg fanden legendäre Derbys statt, als beide Mannschaften noch in der gleichen Liga spielten – das prägt natürlich. Auch Jakob Rütschle ist hochzufrieden: „Man merkt, dass man es mit Sportstudierenden zu tun hat. Sie haben nicht nur eine hohe Beweglichkeit und Koordinationsfähigkeit, sondern auch ein Grundverständnis fürs Spiel.“ Neben den technischen Aspekten gehöre dies zu den wesentlichen Zielen der Übung.

Tor! Wer ein gelbes Trikot trägt, hat allen Anlass zur Freude. Foto: Patrick Seeger


Charakter und Leidenschaft

Die Initiative für die Übung kam von Felix Winterhalder, der mit auf dem Eis steht und am Institut für Sportpädagogik sowie Theorie und Praxis des Sports zuständig ist. Die Lehrveranstaltung wertet er als Win-win-Situation: Die Universität kann eine Übung unter professionellen Bedingungen anbieten, und Jakob Rütschle sammelt Lehrerfahrung.

Zurück aufs Eis. „Warrior“ ist auf die Trikots gedruckt, doch auf der Bande wird der Teamgeist beschworen: „Charakter“, „Leidenschaft“ und „Gemeinschaft“ kann man neben der Werbung lesen. Richtung Nordkurve laufen die Studierenden Kreise, wobei sie das äußere Bein anheben und vor das andere setzen, um nicht zu verkanten. Dann geht es in S-Kurven durch die Halle. Und jetzt steht auch der Torhüter, ein Mannschaftskollege von Rütschle, auf dem Eis. Spielaufbau. Mancher Puck geht verloren oder trudelt übers Eis. „Sorry, war meiner, oder?“, hört man von der Spielfläche. Dann fällt ein Tor. Rütschle pfeift, zwei umarmen sich, der Goalie liegt auf dem Boden. Nach einer halben Stunde Training ist nicht mehr zu sehen, dass die Studierenden erst zum zweiten Mal mit dem Schläger über das Eis laufen.

 

Annette Hoffmann