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Raus aus der Blase! Hochschullehre und der Rest der Welt

Interview mit Prorektor Prof. Dr. Michael Schwarze zum Tag des Lernens und Lehrens 2023

Freiburg, 23.10.2023

Raus aus der Blase! Hochschullehre und der Rest der Welt

Prorektor für Studium und Lehre Prof. Dr. Michael Schwarze. Foto: Sandra Meyndt

Am 24. November 2023 findet der diesjährige Tag des Lernens und Lehrens an der Universität Freiburg statt. Prof. Dr. Michael Schwarze, Prorektor für Studium und Lehre, gibt im Gespräch mit Salome Leenen einen Ausblick auf die Veranstaltung und berichtet von aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen des Studiums und der Lehre.

Prorektor für Studium und Lehre Prof. Dr. Michael Schwarze. Foto: Sandra Meyndt

Prorektor für Studium und Lehre Prof. Dr. Michael Schwarze. Foto: Sandra Meyndt

Der Tag des Lernens und Lehrens findet bereits zum wiederholten Mal statt. Was zeichnet ihn in diesem Jahr besonders aus?

Den Tag des Lernens und Lehrens gibt es seit 2016 mit unterschiedlichen Thematiken (zum Beispiel Tag der Internationalen Lehre 2018, Tag der digitalen Lehre 2020). Während im letzten Jahr (2022) die Digitalisierung in der Lehre insbesondere aus den Erfahrungen mit der Lehre unter Pandemiebedingungen diskutiert wurde, möchten wir am diesjährigen Tag des Lernens und Lehrens die Lehre in den Fokus nehmen, welche die Gesellschaft in besonderer Weise einbezieht. Die Universität hat hier eine ganz besondere Pflicht, zum einen den eigenen Studierenden gegenüber, die oft mehr Praxisbezug des Studiums einfordern, aber auch gegenüber externen Partnerinnen und Partnern in der Stadt und der Region.

In diesem Jahr haben wir mehr Angebote für Studierende, die auf bestehende Services aufmerksam machen und Studierende zum Beispiel dabei unterstützen, mit den multiplen Krisen in der Gesellschaft und wandelnden Herausforderungen in der Arbeitswelt umzugehen. Man denke beispielsweise an das Thema seelische Gesundheit, an die Suche nach dem Sinn im Studium und im Leben, aber auch an den Aufbau von Kompetenzen oder an die Wahrnehmung und den Einsatz eigener Stärken.

Für Lehrende gibt es vor allem Angebote zu den verschiedenen Möglichkeiten und Formaten, gesellschaftliche Aspekte und Kontexte in die eigene Lehre einzubinden.

Über die Mittagszeit können sich die Studierenden und Lehrenden beim „Markt der Möglichkeiten“ – einem neuen Format – miteinander austauschen, an Infoständen über die Angebote verschiedener (Service-)Einrichtungen an der Universität informieren, spontan eine persönliche Beratung einholen und sich aus den angebotenen Kurzvorträgen für die eigene Lehre und das Studium inspirieren lassen.

An wen richtet sich der Tag des Lernens und Lehrens?

Wir haben in diesem Jahr darauf geachtet, nicht nur für Lehrende ein attraktives Programm zusammenzustellen, sondern auch für interessierte Studierende. Darüber hinaus laden wir andere Universitätsmitglieder, die sich mit Lehre und Studium beschäftigen, sowie Studierende, Lehrende und Mitarbeiter*innen aus unseren Partnerhochschulen wie zum Beispiel der PH Freiburg und der Hochschule für Musik sowie den Hochschulnetzwerken Eucor und EPICUR und Interessenten aus der Gesellschaft herzlich ein, sich zu informieren und miteinander in den Austausch über die oben genannten Themen zu treten.

Das Motto des diesjährigen Tags des Lernens und Lehrens lautet „Raus aus der Blase! Hochschullehre und der Rest der Welt“. Befindet sich die Universität Freiburg in einer Blase? Wie sehr ist die Universität Freiburg Ihrer Einschätzung nach mit der Gesellschaft verzahnt beziehungsweise von ihr abgeschirmt?

Das ist natürlich ein bisschen selbstironisch gemeint – die Universität Freiburg ist wahrlich kein Elfenbeinturm; das zeigen ja auch die vielen Beispiele im Programm des Tags des Lernens und Lehrens, in denen wir zusammen mit Akteur*innen aus der Gesellschaft Lehrformate anbieten. Allerdings muss man immer ein bisschen aufpassen, dass man nicht zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist und regelmäßig über den eigenen Horizont hinausblickt!

Mit dem Motto „Raus aus der Blase“ ist auch gemeint, dass die Universität nicht nur ein Ort ist, an dem man Fachinhalte vermittelt oder lernt oder in diesen forscht, und nicht nur ein Ort, wo junge Menschen in den von ihnen gewählten Disziplinen ausgebildet und sozialisiert werden. Dieser „Blase“ möchten wir uns bewusstwerden, um sie am Tag des Lernens und Lehrens zu verlassen. Universität bietet viel mehr als das, nämlich die Möglichkeit, sich mit den Themen und Herausforderungen unserer Gesellschaft über die Grenzen der eigenen Disziplin hinaus auseinanderzusetzen, und dabei gemeinsam mit Expert*innen und anderen Akteur*innen aus der Gesellschaft an Problemlösungen zu arbeiten. Universität ist ein Ort, an dem unser Weltbild und unser zukünftiges Verhalten mitgeprägt werden.

Der Tag des Lernens und Lehrens soll die Möglichkeit bieten, die Rolle der Hochschullehre innerhalb der Gesellschaft zu diskutieren. Warum ist eine enge Verzahnung, ein reziproker Transfer zwischen Hochschullehre und Gesellschaft heutzutage so wichtig?

Wir leben in einer Zeit großer gesellschaftlicher Herausforderungen. Die Veränderungsprozesse der nahen Zukunft werden maßgeblich von der Generation der jetzigen Studierenden mitgeprägt. Es ist daher eine der Aufgaben der Universität, sie mit Wissen und Kompetenzen auszustatten, die sie in die Lage versetzen, sich diesen Herausforderungen zu stellen. Und das tut man am besten am Puls der Zeit, zusammen mit aktiven Partner*innen aus der Gesellschaft.

Wie haben Ereignisse der neuesten Zeit wie zum Beispiel die Pandemie, Kriege oder die Digitalisierung die Gesellschaft geprägt? Und welche Auswirkungen haben sie auf die Hochschullehre und das Studium? Was wollen wir bewahren oder verändern, und in welche Richtung? Wie hat umgekehrt die Universität die Gesellschaft beeinflusst? Welche Kooperationsformen gibt es dabei? Was bringt diese Verzahnung allen Seiten – den Lernenden und Lehrenden sowie den Akteur*innen aus der Gesellschaft?

Unsere Aufgabe, zum gesellschaftlichen Fortschritt beizutragen, ist gesetzlich verankert, und dieser Pflicht können wir nur durch reziproken Transfer nachkommen, den wir eben auch in der Lehre leben können.

Was bedeutet dieser reziproke Transfer für die Lehre und das Studium in der Zukunft? Welches Bewahrungs- oder Veränderungspotentials bedarf es?

Beim reziproken Transfer geht es unter anderem um die Fragen: Wie kann sich universitäre Lehre gemeinsam mit der Gesellschaft weiterentwickeln? Wie gelingt der Transfer aus der Universität in die Gesellschaft und umgekehrt? Welches Mindset sollte an einer Universität herrschen, damit sie, wie die Universität Freiburg es im Leitbild des Lernens und Lehrens formuliert, „künftige Generationen auf herausfordernde gesellschaftliche Aufgaben“ vorbereiten kann? Wir möchten diskutieren, welche Strategien geeignet sind, um diese Ziele zu erreichen.

Was sollten wir unter den aktuellen gesellschaftlichen Bedingungen in der Lehre bewahren oder verändern, und in welche Richtung? Das ist die Frage, die man nicht im Rektorat allein entscheiden kann oder soll. Am Tag des Lernens und Lehrens wollen wir zusammen mit der hochschulweiten Gemeinschaft, aber auch mit unseren Partner*innen und Gästen gemeinsam über diese Fragen nachdenken.

Gibt es bereits spezielle Formate in Studium und Lehre an der Universität Freiburg, die die Einbindung von Gesellschaft anstreben und möglich machen?

Es gibt beispielsweise das Modul „Service Learning“ am Zentrum für Schlüsselqualifikationen (ZfS), bei dem Studierende sich – als Teil ihres Studiums – zivilgesellschaftlich engagieren können und dadurch auch Anregungen aus der Praxis mit zurückbringen. Über den Ansatz des „problembasierten Lernens“, bei dem reale gesellschaftliche Problemstellungen den Gegenstand einer Lehrveranstaltung bilden, bis hin zu Kollaborationen mit Schulen gibt es bereits eine Vielzahl von Angeboten, Formaten und Best-Practice-Beispielen in unseren Curricula, in einzelnen Lehrprojekten verschiedener Fächer sowie in studentischen Initiativen und Engagements. Genau diese Beispiele möchten wir am Tag des Lernens und Lehrens am Vormittag und auf dem Markt der Möglichkeiten vorstellen. Natürlich hoffen wir, durch die Veranstaltung zu noch mehr Ideen anzuregen!

Gibt es konkrete Pläne zur Weiterentwicklung der Hochschullehre an der Universität Freiburg, die Sie verfolgen?

Weiterentwicklung heißt für uns, den strategischen Zielen, die wir in unserem Leitbild des Lernens und Lehrens formuliert haben, ständig näherzukommen. In diesem Leitbild verpflichten wir uns zum Beispiel zur Vernetzung von Universität und Gesellschaft und zu starkem regionalem Engagement. Aber auch die Bereitschaft der Lernenden, das eigenständige und kritische Denken und Handeln als Ziel ihrer Bildung an unserer Universität anzusehen, ist dort formuliert. Darüber hinaus stehen unter anderem im Bereich des gymnasialen Lehramts konkrete Aufgaben an, zum Beispiel der Pilot für ein Duales Studium, aber auch die Stärkung des Lehramts innerhalb der Universität.

 

Tag des Lernens und Lehrens 2023
„Raus aus der Blase! Hochschullehre und der Rest der Welt“
24. November 2023, 9–17 Uhr
Aula der Universität Freiburg, KG I

Die Anmeldung ist unter ufr.link/tdll2023 nach dem Beitritt zum Inforaum in Form einer kurzen Umfrage möglich. Anmeldefrist ist der 8. November 2023.