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Lipide unterstützen Proteinmaschinen

Freiburger Forscher entdecken, dass der Einbau molekularer Fässer in die Membran von deren Zusammensetzung abhängt

Freiburg, 04.11.2015

Lipide unterstützen Proteinmaschinen

Mitochondrien bilden ein Netzwerk in der Bäckerhefe aus, das hier grün fluoreszierend angefärbt ist. Bild: Dr. Łukasz Opaliński, AG Becker

In den Membranen der Mitochondrien – den Kraftwerken der Zelle – befinden sich verschiedene eingelagerte Proteine. Diese Proteine führen zentrale Funktionen für die Mitochondrien aus. Ein Team um den Freiburger Biochemiker Privatdozent Dr. Thomas Becker hat herausgefunden, dass die Lipide – fettähnliche Substanzen, die das Grundgerüst biologischer Membranen bilden – Proteinmaschinen dabei unterstützen, Proteine in die Außenmembran der Mitochondrien einzubauen. Die Forscherinnen und Forscher veröffentlichten die Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Journal of Biological Chemistry“.
 
Mitochondrien führen lebensnotwendige Funktionen für die Zelle aus: Sie produzieren zum Beispiel die Energie für den Zellstoffwechsel. Wenn sie nicht funktionieren, kann dies zu Erkrankungen des Nervensystems führen. Bestimmte Proteine der Außenmembran, die eine so genannte beta-Fassstruktur ausbilden, sind für die Entwicklung der Mitochondrien von entscheidender Bedeutung. Über diese Proteine finden Transportprozesse von Proteinen und Stoffwechsel-Zwischenprodukten, so genannten Metaboliten, statt. Ribosomen im Cytosol, der Zellflüssigkeit, stellen die beta-Fassproteine her. Die Proteintranslokasen, zwei Proteinmaschinen in der Außenmembran der Mitochondrien, bringen die Fassstrukturen dort hinein. Die Translokase, die kurz TOM-Komplex genannt wird, transportiert Proteine aus dem Cytosol in die Mitochondrien. Der so genannte SAM-Komplex baut die Proteine anschließend in die Membran ein. Während Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler TOM und SAM gut erforscht haben, war die Rolle der Lipide bislang nur wenig verstanden.

In Mitochondrien sind die so genannten Phospholipide, von denen Phosphatidylcholin (PC) das häufigste ist, der Hauptbaustein der Membranen. Das Team um Becker entdeckte eine bislang unbekannte Rolle von PC bei der Entstehung von beta-Fassproteinen: Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Funktion des SAM-Komplexes vom Gehalt an PC in der Membran abhängt. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Günther Daum von der Technischen Universität Graz/Österreich analysierte das Freiburger Team Mitochondrien von Mutanten der Bäckerhefe, die einen stark verminderten Gehalt an PC aufweisen. Max-Hinderk Schuler aus Beckers Forschungsgruppe am Institut für Biochemie und Molekularbiologie der Universität Freiburg zeigte, dass bei der veränderten Bäckerhefe der Einbau der beta-Fassproteine in die Außenmembran reduziert ist. Dies lässt sich dadurch erklären, dass die Funktion und die Stabilität des SAM-Komplexes in diesen Mutanten gestört sind. Im Gegensatz dazu ist die Aktivität des TOM-Komplexes nicht beeinträchtigt. Damit können beta-Fassproteine zwar ungehindert den TOM-Komplex passieren, doch ihr Einbau in die Außenmembran läuft nicht mehr mit voller Geschwindigkeit ab, wenn der Gehalt an PC vermindert ist. Diese Arbeit zeigt, dass Proteinmaschinen und Lipide im Proteintransport eng verbunden sind und dass der Einbau des beta-Fassproteins in die Zielmembran von der Zusammensetzung der Membran abhängig ist.

Die Wissenschaftler erzielten die Ergebnisse in einer Kooperation zwischen dem Sonderforschungsbereich 746 „Funktionelle Spezifität durch Kopplung und Modifikation von Proteinen“, dem Exzellenzcluster BIOSS Center for Biological Signalling Studies und einer Projekteinzelförderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft,

Originalpublikation:
Schuler, M.-H., Di Bartolomeo, F., Böttinger, L., Horvath, S.E., Wenz, L.-S., Daum, G. and Becker, T. (2015) Phosphatidylcholine affects the role of the sorting and assembly machinery in the biogenesis of mitochondrial ß-barrel proteins. J. Biol. Chem. 290, 26523-26532. DOI: 10.1074/jbc.M115.687921

Kontakt:
Privatdozent Dr. Thomas Becker
Institut für Biochemie und Molekularbiologie
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-5243
E-Mail: thomas.becker@biochemie.uni-freiburg.de


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