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Warum Patienten mit „Schmetterlingskrankheit“ extreme Schmerzen haben

Freiburger FRIAS-Direktorin und Forscher des Max-Delbrück-Centrums in Berlin entdecken die Ursachen

Freiburg, 06.07.2011

Selbst sanfte Berührungen sind für Patienten, die an der „Schmetterlingskrankheit“, der genetisch bedingten Hauterkrankung Epidermolysis Bullosa leiden, äußerst schmerzhaft. Jetzt haben die Direktorin der Freiburger FRIAS School of Life Sciences – LifeNet, Prof. Dr. Leena Bruckner-Tuderman, die auch Direktorin der Freiburger Hautklinik ist, sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin-Buch, und Kollegen der Kölner Universität in einer Kooperation die Ursachen dafür entdeckt. Aufgrund eines genetischen Defekts können die Betroffenen ein bestimmtes Strukturmolekül der Haut, Laminin-332, nicht bilden, das bei Gesunden die Weiterleitung von Berührungsreizen und das Wachstum von Nervenzellen hemmt. Dadurch würden Patienten Berührungen offenbar stärker wahrnehmen und empfänden sie als schmerzhaft, folgern die Forscherinnen und Forscher.

 
Kleinste Berührungen fühlen sich wie Nadelstiche an, der Körper ist von Blasen übersät, die Haut an vielen Stellen entzündet. Patienten mit Epidermolysis Bullosa haben kaum eine Chance, ein normales Leben zu führen. Durch einen genetischen Defekt löst sich bei ihnen die obere Hautschicht, die Epidermis, von der darunter liegenden Lederhaut, der Dermis, ab, und es bilden sich Blasen, so genannte Bullosa. Den Betroffenen fehlt Laminin-332, das normalerweise die beiden Hautschichten wie eine Art Zellkitt verbindet.
 
Die neuen Ergebnisse, die Leena Bruckner-Tuderman gemeinsam mit ihren Kooperationspartnern in der aktuellen Fachzeitschrift Nature Neuroscience veröffentlicht hat, zeigen, dass das Molekül darüber hinaus die Ausbildung von Verzweigungen der sensorischen Nervenzellen hemmt. Sensorische Nervenzellen nehmen in der Haut Berührungsreize wahr. Dafür besitzen sie an ihren Enden so genannte mechanosensitive Ionenkanäle. Das sind verschließbare Öffnungen in der Zellmembran, durch die geladene Teilchen kontrolliert in die Zelle hinein und hinaus fließen können. Bei einer Berührung wird ein Zugmechanismus an den Ionenkanälen betätigt, wodurch sich die Kanäle öffnen und die geladenen Teilchen hindurchfließen. Auf diese Weise wird die Nervenzelle erregt und der Reiz wahrgenommen.
 
In ihren Versuchen stellten die Forscher nun fest, dass ein Berührungsreiz bei allen Nervenzellen, die nicht von Laminin-332 umgeben waren, Ionenströme auslöst. Bei Nervenzellen mit Laminin-332 dagegen waren wesentlich weniger Ionenströme zu messen. Offensichtlich blockiert Laminin-332 den Zugmechanismus zur Öffnung der Ionenkanäle weitgehend und hemmt auf diese Weise die Reizweiterleitung. Die Forscher hoffen, in weiteren Studien Ansatzpunkte für eine medikamentöse Therapie zu finden. Sie sind überzeugt, dass bereits jetzt schon viel gewonnen sei. Es könnten effizientere Schmerztherapien eingesetzt werden. Außerdem sollten bei der Behandlung neben Dermatologen in Zukunft Schmerzspezialisten mitarbeiten.
 
Nature Neuroscience: Laminin–332 coordinates mechanotransduction and growth cone bifurcation in sensory neurons, doi: 10.1038/nn.2873
 
Kontakt:
Prof. Dr. Leena Bruckner-Tuderman
FRIAS School of Life Sciences – LifeNet
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/270-6716
E-Mail: leena.bruckner-tuderman@uniklinik-freiburg.de
 

 

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