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Zeremonie für Gast und Gastgeber

Die Mentalität der Wertschätzung spielt im Japanischen eine große Rolle

Freiburg, 02.07.2018

Zeremonie für Gast und Gastgeber

Foto: Klaus Polkowski

Etwa 127 Millionen Menschen weltweit sprechen Japanisch – und zwar nicht nur in Japan, sondern auch in Australien, den USA und Brasilien. Durch Nachfahren von Emigrantinnen und Emigranten ist das Japanische dort weit verbreitet. Trotz der globalen Verbreitung wird die Sprache nicht oft an der Universität Freiburg belegt. In einer Serie über selten gelernte Sprachen hat sich Christine Hohlbaum mit der japanischen Lehrbeauftragten Etsuko Minamikawa über die Vorteile und Missverständnisse von Japanisch unterhalten.

Etsuko Minamikawa unterrichtet seit 2014 Japanisch am Sprachlehrinstitut. Foto: Klaus Polkowski

Frau Minamikawa, warum zählt Japanisch zu den selten gelernten Sprachen?

Etsuko Minamikawa: Viele Menschen denken, dass Japanisch unzugänglich sei. Die meisten Sprachen sind durch einen gemeinsamen Ursprung und durch gemeinsame Merkmale in Sprachfamilien zusammengefasst. Aber bei Japanisch ist keine sprachliche Verwandtschaft zu anderen Sprachen festzustellen. Die Grammatik, die Aussprache, die Schriftzeichen sind ganz anders als zum Beispiel bei europäischen Sprachen. Von daher ist die Zahl der Lernenden bei Japanisch im Vergleich zu Englisch, Französisch oder Deutsch ziemlich gering.

Welche Gründe gibt es, Japanisch zu lernen?

Es gibt zwei Aspekte: Sprachen sind nicht nur Kommunikationsmittel, sondern auch ein Vehikel für Akzeptanz und Toleranz. Die Sprache ist mit der Geschichte, Kultur, Gesellschaft und Mentalität eines Landes untrennbar verbunden. Man lernt neue Aspekte des Landes durch die Sprache kennen und erfährt auch sein eigenes Land durch neue Augen. Es geht nicht nur darum, die Aussprache und die Schriftzeichen zu lernen. Wichtig dabei ist vielmehr zu wissen, wie man die Begriffe kontextuell einsetzen kann.

Welchen Ausdruck sollte jede und jeder kennen?

Das Wort „arigatō“ ist unabdingbar. Es heißt „Dankeschön“, aber die Bedeutung ist viel weitläufiger. Es geht um die Dankbarkeit für die Existenz des Anderen. Der Ursprung des Wortes ist, dass die Existenz des Gegenübers sehr wertvoll ist und deshalb Dankbarkeit verdient. Man freut sich, wenn man von jemandem das Wort arigatō hört und umgekehrt. Letztendlich geht es um gegenseitige Wertschätzung.

Was ist Ihr Lieblingswort?

Mein Lieblingswort ist „ichigo ichie“. Das bedeutet „eine einmalige Gelegenheit im Leben“. Dieses japanische Sprichwort stammt ursprünglich aus der Tee-Zeremonie, bei der der Gastgeber und sein Gast merken, wie einmalig diese Gelegenheit im Leben ist. Sie wird nie wiederkehren. Deshalb zeigen sie sich gegenseitig ihre aufrichtige Dankbarkeit für diesen Moment. Somit wird man daran erinnert, jede einzelne Begegnung im Leben zu schätzen.

Vor welchem „false friend“ müssen sich die Leute im Japanischen hüten?

Falsche Freunde in dem Sinne gibt es nicht, da die Sprachen so weit auseinander liegen. Das deutsche Wort „Arbeit“ wurde ins Japanische übernommen und bedeutet „Jobben“ oder „Nebentätigkeit“. In Deutschland wird der Begriff aber vielmehr für eine Haupttätigkeit oder Berufstätigkeit verwendet.

Welchen Ausdruck, den es in Ihrer Sprache gibt, vermissen Sie im Deutschen?

Im Japanischen verwendet man ein Grußwort, das man zum Feierabend oder als Begrüßung zu Hause verwendet: „otsukare sama desu“. Die Absicht dahinter ist, jemandem Mitgefühl oder Trost entgegenzubringen, nachdem er sich angestrengt hat. Eine ähnliche Redewendung habe ich im Deutschen bislang nicht entdeckt.

Mit welchem japanischen Wort lässt sich am besten die Universität Freiburg umschreiben, und was bedeutet es?

Da die Universität Freiburg zu einer der ältesten Universitäten Deutschlands zählt, kommt mir spontan das Wort „dento“, also „Tradition“, in den Sinn.

 

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Das Sprachlehrinstitut (SLI) der Universität Freiburg bietet mehr als 20 Sprachen an. Die Kurse stehen allen Studierenden, Bediensteten und Gästen der Universität sowie der interessierten Öffentlichkeit offen.

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