Das bionische Objektiv: Dem Linsenauge nachempfunden
Freiburg, 23.07.2014
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An der Universität Freiburg entwickeln Forscherinnen und Forscher eine Linse und eine Iris, die nach dem selben Prinzip funktionieren, wie die Komponenten des Linsenauges. Foto: Universität Freiburg/Gisela-und-Erwin-Sick-Professur für Mikrooptik
Linsen und Blenden sind die Werkzeuge der Fotographinnen und Fotographen. Wenn sie die Hilfsmittel in einem Objektiv vor die Kamera montieren, können sie die Bildschärfe und die Helligkeit der Fotos verstellen. Die meisten dieser Objektive bestehen aus vielen starren Linsen und Blenden. In der Natur finden sich weitaus kompaktere und flexiblere Systeme: zum Beispiel im menschlichen Auge. Dieses optische System erlaubt es dem Menschen, ein scharfes Abbild seiner Umwelt auf der Netzhaut entstehen zu lassen. Dabei reichen dem Menschen eine Linse und eine Iris: Die Linse stellt das Bild scharf und die Iris reguliert den Lichteinfall. Prof. Dr. Hans Zappe, Leiter der Gisela-und-Erwin-Sick-Professur für Mikrooptik an der Universität Freiburg, möchte dieses Prinzip nachbauen. Mit Mikrotechnik und neuen Materialien entwickelt er mit seinem Team eine Linse und ein Iris, die in einem bionischen Objektiv zusammenwirken sollen – bis zum Ende des Jahres 2014 soll ein Demonstrationsobjektiv fertig sein. Zappe möchte dadurch die Eigenschaften der neuartigen Komponenten verbessern. Die Herausforderung: Mit welcher Technik lassen sich Linse und Iris ähnlich wie im Auge verstellen?
- Eine flexible Linse
Die Linse im menschlichen Auge stellt das Bild, das auf der Netzhaut entsteht, scharf. Dazu wirkt ein Muskel, der Ziliarmuskel, auf die flexible Linse und verändert ihre Krümmung. Die Brechung der Linse verändert sich und verstellt somit den Bereich des Bildes, das auf der Netzhaut scharf erscheint. Dieser Vorgang heißt Akkomodation. Zappes bionische Linse lässt sich ebenfalls krümmen. Dazu haben die Forscherinnen und Forscher kleine Anker in der Linse angesetzt. Mikromotoren ziehen an der Linse und machen sie flacher. Krümmung und Brechung werden geringer, Objekte in größerer Entfernung können scharfgestellt werden. Der Fotograph erreicht dasselbe, indem er am Objektiv vor seiner Kamera dreht. Dabei werden aber mehrere Linsen zueinander verschoben, anstatt dass eine wie im menschlichen Auge verformt wird. Im Video wird die flexible Linse durch den Zug auf die Anker verstellt.
- Synthetische Muskelfasern
Um noch näher an das natürliche Vorbild heranzukommen, arbeiten die Forscher nun mit synthetischen Muskelfasern, um die Linse zu verstellen. Anstelle der Mikromotoren verwenden sie sogenannte Liquid Crystal Elastomers, die sich bei Hitze zusammenziehen.
- Eine Iris aus steuerbaren Flüssigkeiten
Die Iris dient im Auge als Blende: Sie reguliert den Lichteinfall, indem sie sich öffnet und schließt. Ein Ringmuskel in der Iris verringert bei viel Licht den Pupillendurchmesser. Dieser Pupillenreflex inspirierte die Forscher dazu, eine Iris zu bauen, die durch die Bewegung von Flüssigkeiten eine Blendenöffnung verengt. Schwarze Flüssigkeit wird in einer Kammer auf elektrische Kontakte aufgetragen. Sie ist umgeben von einem klaren Öl. Um den Durchmesser des Tintenrings zu verändern, bringen die Forscher, wie im Video zu sehen ist, eine Spannung an: Der Ring wird breiter und lässt weniger Licht in der Mitte durch.
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Porträt des Forschers
Bildergalerie
Die Iris aus steuerbaren Flüssigkeiten und die flexible Linse
Bilder: Gisela-und-Erwin-Sick-Professur für Mikrooptik
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Die Iris | ||||
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Die Linse |
Bilder aus dem Labor von Prof. Dr. Hans Zappe
Bilder: Mathilde Bessert-Nettelbeck
Weitere Informationen zum Forschungsschwerpunkt "Aktive Miko-Optik" der Deutschen Forschungsgemeinschaft finden Sie hier.
Im DFG Science TV hören und sehen Sie auch die Miko-Optik Forscher aus Freiburg .
Mehr zum bionischen Objektiv und der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Hans Zappe erfahren Sie in einem weiterführenden Artikel im Magazin uni'wissen.